Zum vierten Mal dabei: Die Interkulturelle Bühne auf dem Literaturfest Meißen

Die diesjährige Austragung steht – noch mehr als sonst – in einem politischen Kontext: Lesungen von Sebastian Krumbiegel, Sara Klatt und Klaus Neumann setzen ein Zeichen, das nicht nur literarisch motiviert ist. Die Interkulturelle Bühne wandert. Von Jahr zu Jahr findet sie neue Schauplätze in Meißen und damit neues Publikum – neue Perspektiven.

2024 dürfen sich Besucherinnen und Besucher auf ein spannendes Programm auf dem Grünmarkt freuen. Bereits zum vierten Mal organisieren die Diakonie Meißen und das Bunte Meißen gemeinsam diese Lesereihe, welche in den vergangenen Jahren vom Publikum stets gut angenommen wurde. „Ich freue mich, dass wir mit der Bühne wieder im Herzen der Stadt liegen. Und es ist meine Hoffnung, mit unserem Programm auch die Herzen der Menschen zu öffnen. Literatur bedeutet für mich den Dialog zwischen Schreibendem und Lesendem. Es geht um Begegnung und Verständigung. Das ist es, was auch unsere Interkulturelle Bühne erreichen will. Umso mehr, da im Sommer gewählt wird. Mit unserem Programm möchten wir dazu anregen, sich mit dem Thema Migration zu beschäftigen und dabei auch mal die Perspektive zu ändern“, sagt Sylvia Spargen, Einrichtungsleiterin Migration im Diakonischen Werk Meißen.

„Nachdem wir im vergangenen Jahr nur an einen Tag beim Literaturfest präsent waren, freut es uns natürlich sehr, dass wir in diesem Jahr wieder an allen 3 Tagen Lesungen auf unsere Bühne haben. Diese sind thematisch sehr unterschiedlich und sprechen ein breites Publikum an. Wir freuen uns auf viele Besucher, gutes Wetter und auf tolle Gäste auf unserer Bühne“, ergänzt Sören Skalicks, Mitorganisator vom Bündnis Buntes Meißen.

Termin: Freitag, 14. Juni 2024 bis Sonntag, 16. Juni 2024

Grünmarkt, Schulplatz 1c, 01662 Meißen

Offiziell eröffnet wird die Interkulturelle Bühne am Freitag, den 14. Juni 2024 um 17.30 Uhr mit iranischer Musik der Band „Sepanta“ sowie Grußworten von Sylvia Spargen und Bernd Oehler.


Besondere Empfehlungen:

Freitag, 14. Juni 2024 ab 20 Uhr:
Sebastian Krumbiegel „Meine Stimme: Zwischen Haltung und Unterhaltung“

Die Autobiografie des Sängers der PRINZEN. Schon während seiner Ausbildung im Leipziger Thomanerchor fiel Sebastian Krumbiegel durch sein rebellisches Naturell auf. Machte das Leben zwar interessant, aber nicht unbedingt einfacher. Da kamen ihm die Umbrüche, die zum Ende der DDR führten, gerade recht. Er packte die Gelegenheit beim Schopfe und wurde mit seiner Band DIE PRINZEN einer der ersten gesamtdeutschen Popstars. Seine Eigenschaft, sich einzumischen, wann und wo es ihm passt, hat Krumbiegel dadurch nicht verloren. Geprägt durch das hautnahe Erleben des Rechtsrucks im Nachgang der Wiedervereinigung, neurechte Demonstrationen in seiner Heimatstadt und einen Überfall durch Neonazis hat er sich ein Ziel gesetzt: Haltung zeigen – gegen rechts, für Menschenrechte und Zivilcourage. In dieser erweiterten Ausgabe seiner Autobiografie »Courage zeigen« zieht Sebastian Krumbiegel die Bilanz seines Lebens – von der (Wunder-)Kindheit in der DDR über die Baseballschlägerjahre in der neuen Bundesrepublik bis heute. Ein Leben im Rampenlicht und im Auge des Shitstorms, ein Leben als Popstar und als Idealist.

Samstag, 15. Juni 2024 ab 20 Uhr:
Sara Klatt „Das Land, das ich dir zeigen will“

Israel – das Land, das sie als Kind oft besuchte, da ein Teil ihrer Familie hier vor Jahrzehnten Zuflucht fand. Es ist das Land der Menschen, die S. durch Erzählungen ihres Großvaters kennenlernte, und gleichzeitig der Menschen, denen sie heute beim Trampen zwischen Tel Aviv und Jerusalem begegnet. Früher, da gab es den Untergrundkämpfer Yitzchak, der Tomaten in der Wüste überleben lassen konnte. Es gab Eva und Zwi Goldberg, die ihre Sehnsucht nach der alten Heimat mit deutschen Rosen zu besänftigen versuchten. Heute ist da Mohammad, der in einem Techno-Club auflegt und nicht über seine jüdische Exfreundin hinwegkommt. Es gibt den Siedler Rafi und den Beduinen Abdallah, die wie Zwillingsbrüder aussehen, aber keine sind. Und es gibt den Cafébesitzer Lior, der davon träumt, mit seiner Tochter einen Roadtrip in einem himmelblauen VW-Bus zu machen. Und während S. immer mehr über das Leben dieser Menschen lernt, eröffnet sich ihr die eigene Geschichte – und ihr eigener Platz in diesem Land.

Sara Klatt, 1990 geboren, ist in Hamburg aufgewachsen. Sie ist Enkelin eines nach Israel ausgewanderten Berliner Juden und Tochter eines aus Königsberg geflüchteten Deutschen. Im Alter von 21 zog sie erstmals für ein Jahr nach Tel Aviv und kehrte später immer wieder für längere Aufenthalte und zahlreiche fotografische Projekte zurück. In Hannover studierte sie Fotojournalismus & Dokumentarfotografie, in Potsdam und Haifa Jüdische Studien. Sie fotografierte in Jerusalem für eine israelische Presseagentur und betreute zuletzt ein Netzwerk für deutschsprachige Shoah-Überlebende aus Tel Aviv.

Sonntag, 16. Juni 2024 ab 18 Uhr:
Klaus Neumann: „Blumen und Brandsätze. Eine deutsche Geschichte 1989-2023“

Spätestens seit den 1980er Jahren erregt kaum etwas die Öffentlichkeit so sehr wie die Frage, wie viele und welche Menschen, »die wir nicht gerufen haben«, Deutschland aufnehmen sollte. Klaus Neumann beschäftigt sich mit Antworten auf diese Frage: von Forderungen nach der Änderung von Artikel 16 des Grundgesetzes in den frühen 1990er Jahren über die soge nannte Willkommenskultur 2015 bis zur Neuauf lage der Behauptung, das Boot sei voll, nach der Ankunft von Flüchtlingen aus der Ukraine 2022. Der Historiker untersucht die unterschiedlichen Motivationen, Schutz zu gewähren oder Schutzsuchende abzuweisen. Im Mittelpunkt seiner Betrachtung stehen dabei lokale und lokalpolitische Auseinandersetzungen: im Westen Hamburgs und im südöstlichen Sachsen. Er macht anschaulich, wie sehr Aushandlungsprozesse um die lokale Aufnahme von DDR-Übersiedlern und Asylsuchenden, Aussiedlerinnen und Kriegsflüchtlingen verquickt waren mit Debatten über Rassismus und Rechtsextremismus, demokratische Teilhabe sowie west- und ostdeutsche Identitäten. Sein Buch erlaubt somit neue Einblicke in dreieinhalb Jahrzehnte deutscher Geschichte. Zugleich ist es ein Plädoyer für eine umfassende und gut informierte Debatte über die Frage, warum Deutschland Schutzsuchende aufnehmen sollte.


Das Literaturfest Meißen ist mit rund 150 eintrittsfreien Lesungen im Jahr das größte Open Air-Lesefest in Deutschland. Weitere Information unter www.literaturfest-meissen.de
Die Interkulturelle Bühne wird organisiert von der Diakonie Meißen und dem Bunten Meißen – Bündnis Zivilcourage e.V.
Mit freundlicher Unterstützung durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen.